Freitagmorgen, 10:00 h, Flight Operation Center der Lufthansa am Flughafen München. Rabea Behrens frühstückt noch schnell im Crew-Café, dann geht es ins Briefing. Per Handschlag stellen sich die Mitglieder der heutigen Crew einander vor. Der Kapitän des Lufthansa-Fluges 410 nach New York gibt zunächst einmal alle wichtigen Informationen des Fluges an die Crew weiter. Wie ist das Wetter? Sind Turbulenzen zu erwarten? Gibt es Besonderheiten, z.B. ein Wildtier im Frachtraum? Wie lange dauert der Flug? Nach diesem Einstieg übernimmt die Purserin, die Chefin der 12-köpfigen Kabinencrew. Jetzt geht es um Service- und Sicherheitsfragen: Wie viele Sonderessen wird es geben? Gibt es besondere Gäste? Worauf sollte man besonders achten?
Nach dem Briefing geht es mit dem Bus zum Flieger, ein Airbus A350-900. Der Riesenvogel gehört zu den modernsten Langstreckenmaschinen auf dem Markt. Maximal knapp 300 Tonnen schwer befördert er bis zu 300 Reisende mit 141.000 Litern Treibstoff mehr als 15.000 km weit und verbraucht, wenn das Flugzeug gut ausgelastet ist, pro Passagier auf 100 km nur 2,4 Liter Kerosin. Der Flug nach New York dauert heute 8 Stunden und 40 Minuten. Es ist ein sogenannter Abholer-Flug, d.h. die Crew verbringt nur eine Nacht am Big Apple, dann geht es wieder zurück nach München.
Rabea Behrens ist seit Juli bei Lufthansa. Der Bewerbungsprozess war hart. Im Dezember 2023 machte sie online ihren Einstellungstest. Wer den besteht und außerdem ein Telefongespräch auf Englisch erfolgreich führen kann, wird nach Frankfurt oder München zum Assessment-Tag eingeladen. Dort wird jeder Bewerber einen Tag lang auf Herz und Nieren geprüft. Im abschließenden Gespräch erfährt man dann, ob man es geschafft hat oder nicht. Rabea war erfolgreich. Aber auch dann noch ist die Einstellung nicht sicher, denn man muss auch die Tests beim medizinischen Dienst der Lufthansa bestehen. Wenn alles passt, beginnt irgendwann die dreimonatige Ausbildung. Und auch hier ist Vorsicht angebracht: Wer sich nicht angemessen benehmen kann oder nicht richtig lernt, kann schnell raus sein.
An Bord des A350 sind inzwischen alle auf ihren Positionen und erwarten die Passagiere. Nun ist freundliches Lächeln angesagt, denn rund 270 Menschen sollen sich von Anfang an wohlfühlen an Bord. Manchmal ist das stressig, denn die unterschiedlichen Passagiere aus aller Welt haben auch ganz unterschiedliche Vorstellungen von einer angemessenen Wertschätzung. Manche wiederum sind gestresst, weil sie fast ihren Flug verpasst hätten oder weil sie unter Flugangst leiden. Auf all die unterschiedlichen Bedürfnisse muss eine Stewardess eingehen können.
Eine gute halbe Stunde später geht es pünktlich los. Die Triebwerke werden angelassen, die Maschine wird zurückgeschoben, sie rollt zur Startbahn und 76.000 PS setzen ihre unvorstellbare Kraft frei. Nach knapp 3000 Metern erhebt sich der Koloss in die Luft, durchdringt das Grau der Wolken und taucht nach kurzer Zeit in das gleißende Sonnenlicht ein. Für die Crew beginnt jetzt der erste Service. 270 Menschen wollen mit Getränken und Speisen versorgt werden. Jetzt zeigt sich auch, ob die Crew gut ist. Ein gutes Team hilft sich gegenseitig und hat ein Auge darauf, wie es den anderen geht. Humor ist auch ganz wichtig, denn ein Flug kann sehr lang werden, wenn man sich gegenseitig das Leben schwer macht.
Nach gut drei Stunden geht die eine Hälfte der Crew ins Bett. In den Langstreckenflugzeugen der Lufthansa gibt es über der Passagierkabine einen Container mit Liegen, das sogenannte Crew Rest. Gerade auf sehr langen Flügen – es können schon mal 12 oder 13 Stunden sein - ist das für die Flugbegleiter ein Segen, denn man kann mal für zwei oder gar drei Stunden die Augen zumachen. Während die einen so vor sich hindösen, halten die anderen Wache, d.h. sie verteilen Getränke und haben ein Auge darauf, ob es einem Passagier vielleicht schlecht geht. Dass Rabea Behrens gleich auf einem ihrer ersten Flüge miterleben musste, wie eine ältere Frau an Bord verstarb, gehört zu den nicht so schönen Seiten des Fliegens, insbesondere, wenn man mitten über dem Atlantik ist und manchmal über Stunden wiederbeleben muss.
Acht Stunden vergehen für die Flugbegleiter im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug. Zum Abschluss verteilen sie noch einmal Snacks und Getränke, richten dann die Kabine her und warten auf die Anweisung aus dem Cockpit „Cabin Crew, prepare for landing“.
Kaum zehn Minuten später setzt die Maschine auf der Landebahn auf. Das meiste ist jetzt geschafft. Nur noch die Gäste verabschieden, dann Einreiseformalitäten über sich ergehen lassen, und schon fährt ein Bus die Crew ins Hotel in Brooklyn. Die Flugbegleiter und Piloten der Lufthansa genießen das Privileg, nur in den besten Hotels abzusteigen: Im Hilton, Kempinski, Grand Hyatt oder Marriott kostet ein Zimmer pro Nacht rund 500 €. Ein andere Welt.
Wer noch nicht müde ist und auf dem Flug Kontakte geknüpft hat, verabredet sich dann vielleicht noch für einen Spaziergang durch Manhattan oder ein Abendessen. Ansonsten ist Ruhe angesagt, denn gerade die „kurzen“ Langstrecken können auch anstrengend sein. Jetlag und nur 24 Stunden Aufenthalt machen dem Körper schon mal zu schaffen.
Rabea Behrens ist glücklich, Stewardess geworden zu sein. Nach vielen Jahren der Orientierungslosigkeit hatte sie nach dem Abitur am Hanse-Kolleg zunächst ein Studium im Fachbereich „Soziale Arbeit“ begonnen. Das war gar nicht ihr Ding, insbesondere auch wegen der ideologischen Verwirrung, die sich an den Hochschulen breit gemacht hat. Als Stewardess wird man zwar nicht reich, aber je nach Flugstundenanzahl und mit Spesen kommt ein Anfänger auf 2000-2500 € netto. Dafür sieht man die Welt, kann günstig privat reisen und hat, wenn es gut läuft, auch mal 15 Tage frei im Monat.
Nach dem Ende der Probezeit stehen Schulungen für andere Flugzeugtypen auf dem Programm. Rabea Behrens hofft, dass sie auch auf dem Airbus A380 ausgebildet wird, dem zweistöckigen und größten Passagierflugzeug der Welt.