Wenn Nicole Fasano etwas auszeichnet, dann ist es ihre Beharrlichkeit. Seit sie 2010 ans Hanse-Kolleg kam, hat die dreifache Mutter außergewöhnlich konsequent alle Hürden genommen. Heute arbeitet sie als Persönliche Assistentin im Christophorus-Haus, einem Wohnheim für psychisch kranke Menschen der Stiftung St. Georg in Lippstadt.
Dabei war der Werdegang Nicoles am Anfang keineswegs vorgezeichnet. Die 1983 geborene junge Frau brachte es auf dem ersten Bildungsweg zunächst einmal nur bis zum Hauptschulabschluss. Dann hielt sie sich mit Jobs über Wasser, bis sie im Jahre 2000 mit gerade einmal 17 Jahren ihre Tochter auf die Welt brachte. Es folgten weitere Jahre ohne richtige berufliche Perspektive und zwei weitere Kinder. Irgendwann – Frau Fasano arbeitete inzwischen bei einem großen Lippstädter Orchideenzuchtbetrieb – machte es Klick: Als man Nicole eine feste Stelle in der Blumenzucht anbieten wollte, entschied sie sich dafür, lieber noch einmal die Schule zu besuchen, zunächst nur mit dem Ziel, den Mittleren Schulabschluss zu erwerben, um dann eine Ausbildung anfangen zu können.
Aus den zwei Jahren bis zum Realschulabschluss wurden dann schließlich doch fünf, denn aufgrund der guten Leistungen marschierte die gebürtige Lippstädterin gleich durch bis zum Abitur. Als Lehrer konnte man sich immer nur wundern, wie es einer Frau mit drei Kindern gelang, Schule und Haushalt unter einen Hut zu bringen. Nicole fehlte nie, hat nie eine Hausaufgabe ausgelassen, auch wenn es manchmal schwerfiel.
Nach dem bestandenen Abitur 2015 stand dann die Frage an, welches Studium in Angriff genommen werden sollte. Der Weg führte schließlich an die Universität Bielefeld in das Studium der Fächer Erziehungswissenschaften und Soziologie, nach Aussage einer Dozentin der sichere Weg in die Arbeitslosigkeit. Am Anfang war die Umstellung von Schule auf die Hochschule nicht ganz leicht. Das Verfassen von wissenschaftlichen Hausarbeiten ist auf Anhieb schon eine Herausforderung. Immerhin war Nicole im Deutschunterricht laut eigener Aussage auf das analytische Schreiben einigermaßen vorbereitet worden.
2019 dann endlich der Bachelor-Abschluss. Aber was nun? So richtig wollte Nicole Fasano nicht glauben, dass sie mit einem Studium, das angeblich in die Arbeitslosigkeit führen sollte, jemals eine Stelle finden würde. Nach einigen versandeten Bewerbungen tat sich dann doch eine Perspektive auf. Durch den Tipp einer Cousine kam sie in Kontakt mit dem Christophorus-Haus in Lippstadt. Im Mai 2020 wurde die junge Mutter dann eingestellt, sogar mit einem Vollzeitvertrag.
Nicole betreut jetzt psychisch kranke Menschen unterschiedlichen Alters, die bestenfalls in ein normales Leben geführt werden sollen. Hauptsächlich sind es Menschen mit Schizophrenie und Suchterkrankungen, die betreut werden. Die Bewohner des Heims müssen dazu angehalten werden, ihre Zimmer ordentlich zu halten, Arztbesuche wahrzunehmen, gegen die Verwahrlosung anzukämpfen oder ihre Ängste zu überwinden. Belastend ist die Begleitung von Bewohnern in Krisensituationen. Aber mit ihrer ansteckend offenen und humorvollen Art meistert Nicole Fasano auch diese Aufgabe. Die Arbeit am Menschen macht ihr Spaß. Erfüllung bezieht sie aus den kleinen Erfolgen, die ausreichend Entschädigung für Unannehmlichkeiten bieten.
Was kann man von der Ehemaligen Studierenden des Hanse-Kollegs lernen? Auf jeden Fall das Durchhalten und die Hoffnung auch in schwierigen Phasen nicht aufzugeben. Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, dann ist das noch nicht das Ende, so könnte man die Einstellung Fasanos auf den Punkt bringen.
An ihre Zeit ans Hanse-Kolleg erinnert sich die Lippstädterin gern. Sie habe eine wunderschöne Zeit dort gehabt, ein bisschen wie eine zweite Jugend als Erwachsene. Dafür spricht, dass die Whatsapp-Gruppe von damals auch heute noch existiert. Man bleibt im Austausch.