Zusammen 75 Jahre Hanse-Kolleg

Zusammen 75 Jahre Hanse-Kolleg

Ein Verlust für die Schule

Reinhard Schröder und Karin Bödeker-Schröder wechseln in den Ruhestand.

Die Reihen des „Urkollegiums“ des Hanse-Kollegs lichten sich rapide. Jetzt verlassen auch die „Schröders“ die Schule. Seit 1981 haben Sie den Geist der Schule maßgeblich mitgeprägt.

Im noch kindlichen Alter konnte der junge Schröder miterleben, wie in unmittelbarer Nähe zum Hof der Eltern im Bielefelder Westen im Wortsinne Großes aus dem Boden wuchs: Die Universität Bielefeld öffnete 1969 ihre Pforten. Dort nahm Reinhard Schröder 1973 das Studium in den Fächern Mathematik, Pädagogik und Psychologie auf, das er 1978 mit Bestnoten abschloss. Von 1978 bis 1979 hat er als Tutor an der Fakultät für Mathematik der Universität Bielefeld gearbeitet. Danach führte ihn der Weg in das Referendariat, das er von 1979 bis Januar 1981 absolvierte. Der Ruf an das damals noch reine Abendgymnasium Lippstadt war dann schon eine Überraschung, die sich jedoch schnell als Glücksfall herausstellen sollte. Die Anfang der 1970er Jahre ins Leben gerufene Schulform befand sich eine Dekade später immer noch im Aufbau. Das bot viel Aktionsfläche für jemanden, für den der Beruf Berufung ist und für den Chancengleichheit ein besonderes, persönliches Anliegen war.

Reinhard Schröder hat parallel zur Unterrichtstätigkeit an der Fernuniversität Hagen noch Informatik studiert. Außerdem war er zwei Jahre lang als Fachberater bei der Bezirksregierung Arnsberg tätig und hat anschließend im Auftrag des damaligen Landesinstituts für Schule und Weiterbildung Konzeptionen und Materialien für den Mathematikunterricht im Zweiten Bildungsweg entwickelt, um die Arbeitsergebnisse dann als Moderator bzw. Referent im Rahmen der Lehrerfortbildung zu verwenden. Ferner hat er in diversen Arbeitsgruppen mitgewirkt, u.a. beim Modellversuch fächerübergreifender Unterricht in den Fächern Mathematik und Biologie. Im Zusammenhang mit der Einrichtung von Abitur-online-Kursen hat er zudem an E-Learning-Fortbildungen teilgenommen. Im Jahre 2002 erfolgte die Ernennung zum stellvertretenden Schulleiter.

Der Eintritt in den Ruhestand ist für das Kollegium und die Studierenden des Hanse-Kollegs ein herber Verlust, denn Reinhard Schröder war bis zum letzten Dienst-Tag jemand, der für seine Arbeit brannte. Stets hatte er Gehör für die Anliegen der Kolleginnen und Kollegen. Stets war er eine Bastion der Loyalität. Er gestaltete die Schule mit einem hohen Maß an Menschlichkeit, Kompetenz und Aufmerksamkeit. Sinnbild für seine humanistische Gesinnung sind auch sein liberaler Geist und seine Bescheidenheit: Im Rampenlicht zu glänzen, das war ihm, dem unermüdlich Arbeitenden, fremd. Zusammen mit Heinz-Friedrich Lange hat er so über die fast vier Jahrzehnte seines Schaffens viel bewegt und zahlreiche Neuerungen mit auf den Weg gebracht. So ist das Hanse-Kolleg heute gut aufgestellt – besser als viele andere Weiterbildungskollegs, die aktuell, in einer Phase sinkender Studierendenzahlen, mitunter in ihrer Existenz bedroht sind.

Auch Karin Bödeker-Schröder verlässt, zusammen mit ihrem Mann, die Schule. Dass ihre Wurzeln im Badischen liegen, wo sie in Karlsruhe das Licht der Welt erblickte, merkt man Karin noch heute an. Von ihrer Genussfreude und ihrem Savoir-Vivre, die sie über die Jahrzehnte in der ostwestfälischen Kargheit konserviert hat, haben sich Kollegen und Studierende immer wieder überzeugen können. Die zahlreichen großzügigen Einladungen in das Haus der Schröders wurden Legende und versprachen immer höchste kulinarische Genüsse aus der Hand Karins.

1972 nahm sie – etwa in der Mitte zwischen Baden und Ostwestfalen – in Bonn ihr Studium in den Fächern Germanistik, Geschichte und zunächst auch Sport auf. Nach der Referendarzeit am Seminar Detmold kam sie zum Wintersemester 1981-82 ans Hanse-Kolleg, nachdem der Wunsch gescheitert war, durch eine Lehrtätigkeit in Portugal die Anstellung an einer deutschen Schule noch ein wenig hinauszuzögern. Doch das Schicksal ließ Gnade walten – Schulleiter Bohrer empfing Karin Bödeker mit rheinischer Herzlichkeit und einem „Schöpple“ im Vorstellungsgespräch und gewann so prompt ihr Herz für die Schule. Ein Brauch, den man in Zeiten des um sich greifenden restriktiven Moralismus durchaus mal wieder einführen könnte.

Nun begann für Karin Bödeker eine Zeit, in der sie der Schule durchgehend treu geblieben ist, aber dennoch immer mal etwas Neues ausprobieren konnte. Nicht nur, dass sie bei uns an der Schule ihren künftigen Ehemann kennenlernte – die Mitarbeit an der Materialentwicklung für das ZBW-spezifische Fach Geschichte/ Sozialwissenschaften brachte den Kontakt zum Landesinstitut in Soest. Ihr folgte die Beteiligung am „Modellversuch fächerübergreifender Unterricht an Abendgymnasien und Kollegs“ und schließlich die Übernahme des Referats „Abschlussbezogene Weiterbildung“ am Landesinstitut, dessen Schwerpunkt die Entwicklung des Bildungsgangs „Abitur online“ bildete, der seit 2002 an inzwischen 18 Weiterbildungskollegs durchgeführt wird. Darüber hinaus fungierte Karin eine Dekade lang, bis 2016, als Sprecherin des „Rings der Abendgymnasien NRW“.

In den letzten Jahren hat Karin Bödeker einen neuen Interessenschwerpunkt für sich entdeckt: Die Arbeit mit Flüchtlingen in den sogenannten Vorkursen. Vielleicht auch den badischen Wurzeln geschuldet ist die Tatsache, dass Karin neben ihren Fächern immer mal wieder auch Französisch unterrichtete – und seit Existenz der Schulband „Tijuana“ als begnadete Chansonnière in Erscheinung tritt, als welche sie vielleicht auch zukünftig noch hier und da zu sehen sein wird.

Die Schröders hinterlassen mit ihrem gemeinsamen Weggang eine große Lücke, die erst geschlossen werden muss. Tröstlich ist, dass beide sich weiter für das Hanse-Kolleg engagieren wollen. Die Schulgemeinschaft wünscht für den neuen Lebensabschnitt viel Glück und Freude!

Florian Teubert